Bericht des Oberheizers Neumann, einziger Überlebender des Kleinen Kreuzers CÖLN, der am 28. August 1914 versenkt wurde:
[…]Das Schiff bebte in allen Fugen. Eine Granate zerstörte die Dampfruderanlage. Es dauerte eine geraume Zeit, bis das Handruder besetzt werden konnte, dass das seemännische Personal zu viele Ausfällte gehabt hatte und Leute vom technischen personal erst zur Hilfeleistung herangeholt werden mußten. Heiz- und Maschinenräume erhielten kurz hintereinander schwere Treffer, die Kessel- und Maschinenexplosionen zur Folge hatten. Als auch der Kommandostand durch einen Volltreffer ausfiel, Admiral Maaß und Kommandant Fregattenkapitän Weidinger gefallen waren, war unser Schiff führerlos geworden.
Zu allem Überfluß jagte der Gegner noch ein paar Granaten durch das stilliegende rauchende Wrack der CÖLN. Der letzte Treffer fuhr durch beide Bordwände hindurch ins Freie. Als keine Gegenwehr mehr zu befürchten war, stellte der Feind das Feuer ein. Unheimlich still wurde es im Schiff. Was nun? Durch den Niedergang hörte ich die Stimme des Bootsmannes: „Alle Mann an Oberdeck!“ Viele waren es nicht mehr, die heraufkamen. In meiner nächsten Umgebung war ich der einzige. Auch von dem Personal in den Heizräumen war nur ein Mann übriggeblieben, ein Maschinenanwärter, der zufällig in einem Kohlenbunker gewesen war. Aus allen Teilen des Schiffes kamen jetzt die noch Überlebenden auf der „Schanze“ (Heck) zusammen. Es mochten noch etwa 150 Menschen sein. 470 Mann war die Besatzung stark gewesen! Von den Offizieren waren noch zwei Leutnants am Leben, der Leitende Ingenieur Siepmann und der Oberzahlmeister Gelbke. Alle übrigen waren gefallen. Wir standen dicht gedrängt zusammen und wussten nicht, was jetzt werden sollte. Als wir verstört in Richtung des Feindes blickten, gewahrten wir zu unserem Erstaunen, dass er kaum 2000 Meter entfernt war. Es waren sechs Schlachtkreuzer und ein Kleiner Kreuzer, die in Kiellinie fast still lagen. Die Rohre waren noch auf uns gerichtet. In der Ferne sahen wir noch zahlreiche Rauchwolken. Kurz bevor wir das Schiff verließen, wurde auf Veranlassung unseres beliebten Stabsingenieurs das Flaggenlied angestimmt.
Der Stabsingenieur drückte jedem von uns die Hand, dann kam der Befehl: „Alle Mann von Bord!“ Er selbst blieb zurück, während wir anderen in Wasser sprangen. […]
Wir blieben zunächst gut zusammen. Allein oder zu mehreren hingen wie an zahlreichen umhertreibenden Wrackstücken. Hier und da wurden noch Worte gewechselt. Doch bald stockte die Unterhaltung. Das Wasser war nicht gerade kalt, aber man fror doch schon nach kurzer Zeit. Die Zähne schlugen hörbar aufeinander und die Glieder starben allmählich ab. Man versuchte, durch lebhafte Schwimmbewegungen das Blut in Wallung zu bringen.
Nach einigen Stunden starben die ersten Kameraden an Wunden und Erschöpfung. Den Kopf im Wasser, trieben sie zwischen uns. Langsam schlich der Abend heran. Es traf sich, dass ich mit einem Oberheizer, der an einem größeren Stück Holz hing, zusammenkam. Ihm schloß ich mich an, und bald hatten wir richtiges Gleichgewicht. Zum Unglück verließen ihn aber auch schon nach kurzer Zeit die Kräfte. Die Nacht brach an, die erste von den dreien, die ich treibend und schwimmend durchmachen sollte. Wir riefen einander zu, möglichst zusammenzubleiben, dann umfing uns undurchdringliche Finsternis. Weder Mond noch Sterne waren zu sehen. Jeder war alleine mit seinen trüben Gedanken. Die See war sehr unruhig. […]